Die Musikproduzentin- MRJN über Musikproduktion
Interview

MRJN – Was ist Musikproduktion ?

Die Musikproduzentin die ich euch als erstes vorstellen möchte ist MRJN.

Wir haben uns zum Interview verabredet, mit der Frage, was Musikproduktion für sie ist. Herausgekommen ist ein wunderbar inspirierendes Interview, nicht nur über Musikproduktion, sondern auch über Zielsetzungen und Mut, die ersten Schritte zu gehen und irgendwie auch übers Handwerken. MRJN ist gelernte Tontechnikerin, hat dieses Jahr ein ganz großartiges Unternehmen gegründet und hat dazu noch einen Podcasts.

Liebe MRJN wie bist du denn zur Musikproduktion gekommen? Wie war dein Werdegang?

Ich habe damals an einem musikalischen Workshop als Sängerin teilgenommen, worüber ich tatsächlich so eine Art Gutschein oder Stipendium für meine musikalischen Leistungen bekommen habe. Ich habe mich bewusst für Tontechnik entschieden und eine Ausbildung an der „Deutschen Pop“ erfolgreich abgeschlossen. Davor habe ich schon erste Erfahrungen im Tonstudio gesammelt, in dem ich selber aufgenommen habe. Ich war und bin mit dem Besitzer gut befreundet und der hat mich dann einfach machen lassen, wenn er mal einen Kaffee trinken wollte. Er hat mir dann gezeigt wo „stop“ und „record“ ist und mehr war das ja am Anfang gar nicht. Dort hab ich also die Basics gelernt, also von: wie nehme ich auf und wie schneide ich, bis hin zum Beatproducing.

Parallel zu meinem Tontechnik Studium habe ich das alles dann ausgeweitet und überwiegend im sozialen Bereich, mit Teenagern und später auch mit Mädchengruppen gearbeitet. Ich habe dann aber auch ein par Rapper*innen produziert, da war also von allem etwas dabei. (lacht)


Könntest du denn kurz zusammenfassen, was Musikproduktion für dich ist?

Da scheiden sich ja die Geister. Für mich ist Musikproduktion alles ab, der Ton oder Klang entsteht, bis zu, wie der Ton bearbeitet klingt. Mit bearbeitet meine ich „mischen“ und „mastern“.


Mischen und Mastern

Mixing/mischen: Beim Mischen werden alle Einzelspuren eines Projekts zu einer Gesamteinheit zusammengeführt. Es soll ein harmonischer Klang entstehen, bei dem zum Beispiel die Lautstärke der einzelnen Instrumente angeglichen wird. Es entsteht ein finaler Mix.

Mastering/mastern: Beim Mastern wird mit diesem finalen Mix weitergearbeitet. Hier geht es darum ein Gesamtbild, zum Beispiel eines Albums, entstehen zu lassen. Es werden hier dann unter anderem die Lautstärken der einzelnen Stücke aneinander angeglichen.


Für mich steht Musikproduktion im weiteren Sinne auch dafür, zu verstehen, wo eine Künstler*in hinmöchte. Was ist die Vision? Und das sollte man im Prozess mit im Auge behalten und immer wieder abstimmen.

Wie groß glaubst du denn, ist der Einfluss von Musikproduzent*innen auf den kreativen Prozess?

Der Einfluss kann schon sehr groß sein, ich denke das kommt darauf an, wie sehr der Künstler oder die Künstlerin das zulässt.Ich persönlich, als Künstler*in, würde mir da sehr ungern reinquatschen lassen, also wie ich etwas schreibe oder singe. Als Künstler*in hat man ja eine Vision für seine Musik und jemanden da so nah an sich ranzulassen, um Sachen verändern zu wollen, bedeutet schon viel Vertrauen. Die Frage ist dann, versteht der andere genau, wohin ich eigentlich will und habe ich das Gefühl, dass es den Song oder das Projekt besser machen würde.

Es wird zum Beispiel schwierig, wenn ich, sagen wir mal, Popmusik mache und dann kommt jemand und möchte daraus Schlagermusik machen, dann würde ich mich nicht gut aufgehoben fühlen. Ich habe auch schon einmal mit einem Sänger zusammengearbeitet, der sich mir gegenüber einfach nicht öffnen konnte und dann macht die Zusammenarbeit auch einfach keinen Sinn. Musikproduzent*in zu sein, heißt in dem Augenblick vielleicht auch nochmal in die Rolle der bester/n Freund/in zu schlüpfen. Für den Augenblick erschafft man ja etwas Wunderschönes und ich glaube das muss zwischenmenschlich einfach gut funktionieren.


Du hast ja Tontechnik gelernt. Gibt es für dich noch einen großen Unterschied zwischen Tontechnik und Musikproduktion?

Also für mich ist Tontechnik der Überbegriff. Darunter fällt dann ja zum Beispiel auch Hörbücher, also Sprache bearbeiten. Und ein Teil davon ist auch die Musikproduktion. Wie schon erwähnt, ist Musikproduktion für mich eher das „Visionäre“ oder das „große Ganze“ im Blick zu behalten. Die Tontechnik liegt in der Ausführung, also Aufnahme und Bearbeitung. In den letzten Jahren ist das aber ganz schön zusammengeschweißt. Vermutlich auch, weiol so viele Leute jetzt losgelöst, alleine arbeiten und damit die Rolle komplett einnehmn und dadurch diese harten Grenzen verwischen.

Wie weit glaubst du denn, kann man mit einer „Wohnzimmer Produktion“ kommen? Also wenn sich ein Künstler jetzt zu Hause selber aufnimmt?

Sehr weit. Ich glaube da gibt es keine Grenzen. Nur der Mensch limitiert sich selbst. Deswegen bin ich ein großer Fan von Zielsetzungen. Radiotaugliche Musik von zu Hause zu produzieren und zu vertreiben ist problemlos möglich. Billie Eilish zeigt es ja. Sie und ihr Bruder produzieren, soweit ich weiß, nur von zu Hause.


Die Technik wird ja auch einfach günstiger…

Ich habe darüber auch mal einen Workshop gegeben. Viele dachten, dass es unglaublich teuer ist. Ich habe aufgezeigt, dass 500 € einmalig reichen, wenn du einen Laptop hast. Viele Plugins sind ja schon kostenlos in der Software drin.

Plug-ins

Sind virtuelle Instrumente oder Effekte. Musiksoftware kommt heute schon mit vielen grundlegenden Plug-ins.



Du hast dieses Jahr ein ganz tolles Unternehmen gegründet, möchtest du darüber mal etwas erzählen?

Ich hab ja erzählt, dass ich mit Mädchengruppen in Jugendzentren gearbeitet habe und ich habe festgestellt, dass die Mädchen sich eher gegenüber einer Frau öffnen, als einem Mann. Der Gedanke hat mich damals schon gestört. Bis zu meiner Gründung habe ich nur drei oder vier Tontechnikerinnen kennengelernt. Also es gibt uns, aber wir sind einfach nicht sichtbar und noch viel zu wenige. Daraus entstand der Gedanke: Was kann ich tun, um FLINT-Personen zu unterstützen, die erste Hürde beim Homerecording zu nehmen.

Ich kam dann vom Hölzchen auf Stöckchen und dachte dann, warte nicht darauf, dass es sowas gibt, sondern mach es doch selber. Dann hab ich überlegt, was für mich, wenn ich anfangen würde relevant wäre und kam dann relativ schnell auf ein 4-Stufen Programm. Wir fangen immer mit der Zielsetzung an, also wir schauen, wo es musikalisch hingehen soll und es geht dann dahin, sich selbst zu produzieren und zu vertreiben. Das heißt, dass du den ganzen Vertriebsweg dann auch in der Hand hast, um so unabhängig wie möglich zu sein.Ich biete in meiner Gruppe auch den Safe Space, der leider auch immer noch notwendig ist, wo sich FLINT Personen austauschen können.


Wenn jetzt jemand mit Musikproduktion anfangen möchte, welchen Rat würdest du geben?

Ich würde jedem erst mal raten, sich über das Ziel klar zu werden. Will ich mich selber produzieren, oder andere Leute oder möchte ich viel Geld verdienen. Dann würde ich mir einen Plan überlegen, wie ich das im Alltag einbauen kann. Die Menschen arbeiten 40/50 Stunden die Woche und ich würde niemandem empfehlen, so wie ich, die Wochenenden und Abende durch zu ackern.Dann würde ich mir als nächstes anschauen, wie navigiere ich in meiner Software. Da würde ich mir dann wahrscheinlich Tutorials anschauen, wenn ich der visuelle Mensch bin. Wenn ich durchs lesen lerne, würde ich mir zum Beispiel einen Blog anschauen. Als nächstes würde ich anfangen aufzunehmen und mir den Filtereffekt anschauen. Also Störgeräusche rausnehmen und dann rausfinden, wie die Dinge sich für mich anhören sollen. Das ist dann meistens schon das erste Erfolgserlebnis, wenn man merkt, dass es gut klappt.


Liebe MRJN, wir sind am Ende angekommen. Wieviel Ahnung hattest du von Technik, bevor du mit der Musikproduktion angefangen hast?

(lacht) Ich würde sagen wenig. Also Technik war nie abschreckend, ich glaube das hängt auch damit zusammen, dass meine Mutter selbst gehandwerkelt hat. Das heißt, mein Rollenbild war nie so, dass Frauen gewisse Dinge nicht können. Aber es gab immer Sachen wie Fernbedienung programmieren, davor habe ich mich gedrückt, weil es mir einfach keinen Spaß macht. Ich hatte aber schon die Einstellung, wenn ich es lernen möchte, kann ich es auch. Diesen Grundgedanken versuche ich auch immer weiterzugeben.

Mehr über MRJN, ihre Musik und ihr Angebot findet ihr auf ihrer Seite.

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