
Bibi Vongehr – Reverb
Bei mir im Interview war dieses mal die talentierte Musikproduzentin Bibi Vongehr. Wir haben uns über Reverb unterhalten.
Liebe Bibi, du arbeitest als selbstständige Musikproduzentin. Magst du erst mal erzählen, wie du zur Musikproduktion gekommen bist? Wie war dein Weg oder Werdegang?
Ich bin in Leipzig geboren und hab auch schon immer Musik gemacht.
Ich hatte schon früh Instrumentalunterricht und war in Bands und mir war dann relativ schnell klar, dass ich das beruflich machen möchte. Zunächst wollte ich Jazz und- Popularmusik in Leipzig studieren, das hat nicht geklappt aber glücklicherweise hab ich den Musikproduktions-Studiengang in Berlin gefunden. Das ist heute die SRH Hochschule der populären Künste. Ich habe mich beworben, ohne genau zu wissen, was mich erwartet, fand es aber total spannend, ein so breit gefächertes Studium zu beginnen. Der Studiengang Musikproduktion umfasst Module wie Songwriting, Musikproduktion, Mixing und Mastering. Ich fand es toll, das alles zu von der Pike auf zu lernen.
Ich bin für den Studiengang 2010 nach Berlin gezogen und auch ziemlich lange dageblieben, derzeit wohne ich in Leipzig. Während des Studiums habe ich KollegInnen und KünsterInnen kennengelernt, mit denen ich bis heute zusammenarbeite.
Was magst du am liebsten an deinem Job?
Ich finde es schön, dass er so abwechslungsreich ist und es immer was Neues gibt. Ich hab schon so viele verschiedene Projekte gemacht. Die Unregelmäßigkeit ist anfangs gewöhnungsbedürftig, ich weiß manchmal noch immer nicht, wie der nächste Monat aussieht – oft kommen Jobs spontan rein und ich muss flexibel sein. Ich mag es aber sehr gerne, dass ich mal ein halbes Jahr ein großes Projekt habe in das man sich reingraben kann und dann wieder ein bisschen Pause ist. Ich genieße die Freiheiten die ich als Freiberuflerin habe z.B. dass ich auch mal von wo anders aus arbeiten kann. Mir gefällt die Vielfältigkeit der Projekte an denen ich arbeite. Im letzten Jahr habe ich zum Beispiel an Serienmusik fürs ZDF gearbeitet und in meinem Studio für die Künstlerinnen Ann Sophie und Sarah P. Musik geschrieben und produziert.
Kannst du kurz erklären, was Reverb ist?
Als Reverb bzw. Hall bezeichnet man die Räumlichkeit eines Signals. Mit Reverb Plugins kann man z.B. Vocals beliebige Räumlichkeiten hinzufügen, also die SängerIn in einen kleinen Wooden Room oder eine Kirche stellen. Ich nutze in den meisten Fällen Reverb Plugins und erzeuge den Reverb künstlich. In toll klingenden Räumen gibt es natürlich auch die Möglichkeit den Hall direkt mit aufzunehmen. Gerade bei akustischen Instrumenten wie Streichern oder Akustik-Gitarre kann sich das lohnen. Ich lasse mir meistens die Option, in der Produktion über den Reverb zu entscheiden indem ich trocken, also mit wenig natürlichem Reverb, recorde. Mit Reverb kann man natürlich super kreativ arbeiten und viel ausprobieren z.B. die Hallfahne reversen oder samplen.
…und was ist der Unterschied zwischen Reverb und Delay?
Reverb und Delay sind beides Effekte, die dem Signal Räumlichkeit verleihen können. Beide können das gleiche Ziel haben aber der Prozess ist ein anderer. Im Unterschied zum Reverb vervielfältigt das Delay ein Signal, also wiederholt es.
Reverbs haben ja verschiedene Einstellungsmöglichkeiten…kannst du kurz die wichtigsten erklären?
Das „Pre-Delay“ sagt aus, wann die ersten Reflektionen zu hören sind, somit also wie nah oder weit weg ein Signal ist. Mit „Decay“ oder „Time“ stellt man die Länge des Ausklangs ein, also die Zeit die es bis zur Stille dauert.
Mit „dry/wet“ oder „mix“ lässt sich der Hallanteil regeln. „Dry“ ist das trockene Signal und bei 100 % „wet“ hört man nur den Hall. Man kann mit diesem Parameter also den Reverb zum Ausgangssignal dazu mischen.
Ich habe Reverb am Anfang einfach auf alles gemacht und es erstmal ziemlich übertrieben. (lacht)
Es klingt ja auch erst mal cooler und man kann damit manchmal auch gut kaschieren.
Hast du für Elemente/Instrumente bestimmte Reverb-Einstellungen, die du bevorzugst?
Also ich hab ein paar Hall-Busse mit Standard-Räumen die mir gut gefallen, auf die ich gern zurückgreife, gerade wenn es schnell gehen muss. Das sind dann kleine Räume, Ambiences und Plate-Reverbs. Vocals haben bei mir meistens erstmal einen schönen kleinen Raum drauf und manchmal auch schon ein kleines Delay, bevor sie dann in einen größeren Hall gehen. Ich nutze gern Plate-Reverbs bin da aber recht variabel und experimentierfreudig, kommt ja auch immer auf den Song an. Es gibt manchmal Songs, wo man möchte, dass wichtige Instrumente oder Instrumentengruppen in einem Raum stehen, dann entscheide ich mich für einen Reverb und schicke alle dort rein.
Nutzt du Reverb nur als Send-Effekt oder auch mal als Insert-Effekt?
Beides – kommt ganz darauf an, wie clean das Signal am Ende der Effektkette sein soll. Bei den Main-Vocals ist Reverb bei mir selten als Insert. Aber bei anderen Instrumenten oder Backingvocals ist es cool, Reverb auch mal als Insert-Effekt zu nehmen, einen Kompressor nachzusetzen und das Ganze dann nochmal durch einen Equalizer zu schicken. Damit kommt man zu ganz spannenden Effekten und der Reverb klingt nochmal anders. Also definitiv beides.
Send/Bus und Insert
Man unterscheidet hier den Signalfluss.
Insert: Das Plug-In (EQ, Kompressor etc.) befindet sich direkt auf der Spur des Audiosignals
Send/Bus: (Die Begriffe sind abhängig von der jeweiligen DAW) Das Plug-In wird auf eine z.B. Mixer-Spur gelegt. Die Audiosignale mehrere Spuren können dann zu dieser Mixer-Spur geschickt werden.
! Das ist nur eine knappe Begriffserklärung, der Vorgang ist wesentlich komplexer. Ich wird versuchen, das Thema später noch mal aufzugreifen.
Hast du ein Lieblings Reverb-Plugin? Vielleicht auch ein günstiges, für Anfänger?
Ich arbeite gern mit den Valhalla Reverbs Room und VintageVerb. Ich mag auch den Phoenix Verb von Exponential Audio. Außerdem hab ich im Studio den Lexicon PCM96, der ist aber nicht unbedingt erschwinglich.
Was würdest du jemandem raten, der mit der Musikproduktion anfangen will?
Ich würde raten, erstmal minimalistisch zu starten, also nicht gleich super viel Geld zu investieren. Für jede Funktion reicht am Anfang sicher ein Plugin wichtig ist, seine Werkzeuge gut zu kennen. Ganz am Anfang hatte ich zum Beispiel gar keinen eigenen Rechner, sondern bin in die Uni gefahren und habe dort im Computerraum gearbeitet und da gabs dann eben nur die Logic internen Plugins. Das hat aber zum Starten gereicht. Natürlich ist es von Vorteil musikalisch und detailliert hören zu können, dann kannst du den nächsten Step gehen und dir auch mal neue Plugins gönnen.
Du hast ja ziemlich viel zu tun, gibt es etwas, was du als Ausgleich zum Job machst?
Ich mach sehr gerne Yoga. Meistens morgens, vor allem während Produktionen ist mir das ganz wichtig, weil ich da ja super viel sitze. Und ich geh auch sehr gern spazieren zwischendurch.
Liebe Bibi, vielen Dank für deine Zeit. Mehr über Bibi und ihre Arbeit könnt ihr auf Ihrer Homepage erfahren oder auf Instagram.

