
Maria Basel – Über die Kunst sich selbst zu produzieren
Maria ist Musikerin, Musikproduzentin und DJ und war dieses Jahr das erste Mal auf ihrer eigenen Tour. In unserem Zoom-Interview hat sie mir viele Fragen zu ihrer Musik und zur Musikproduktion beantwortet.
Liebe Maria vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst!
Ich würde zunächst gerne ein bisschen mehr über dich als Künstlerin erfahren.
Du bist bei Listenrecords gesigned… wie war denn dein Weg in der Musik bisher?
Ich komme ursprünglich aus einer Musikerfamilie, bin in der Ukraine geboren und meine Eltern sind beide klassische Musiker, Pianistin und Cellist. Ich habe schon sehr früh angefangen Klavier zu spielen und das ist auch meine Basis, die sich bis heute in meinen Songs wiederspiegelt. Das ist wie mein Vokabular, was ich mitgegeben bekommen habe.
Ich habe viele Jahre Klavier gespielt und dann mit fünfzehn angefangen eigene Songs zu schreiben. Zuerst halt mit Fantasie-englisch und einfach angefangen zu singen (lacht).
2010 bin ich nach Wuppertal gekommen und hab hier mein Studium angefangen.
Zu der Zeit habe ich hier die Kunst- und Kulturszene und die Jazzszene kennengelernt und bin noch mehr in das Künstlerleben eingetaucht. Ich habe dann mit unterschiedlichen Musikern zusammengearbeitet, war das erste Mal mit einer Band auf einer Jazzsession und habe gespielt und gesungen. Kurz darauf war ich Teil eines Duo-Projekts namens „MxM“: Schlagzeug, Gesang und Keyboard. Ich habe damals angefangen, meinem Bandkollegen beim Produzieren ein bisschen über die Schulter zu schauen und gelernt, wie „Logic“ funktioniert. Ich habe dann, learning by doing, rumprobiert und angefangen aufzunehmen. Am Anfang ganz simpel mit zwei Spuren: Keyboard und Gesang. Es wurde dann auch nach und nach immer besser. Ich habe mir alles autodidaktisch angeeignet und habe begonnen Songs zu produzieren und aufzunehmen.
2020 kam dann alles zusammen. Ich hatte Songs fertig und „Listenrecords“ hat angefragt, ob ich mit ihnen zusammenarbeiten möchte. Im August 2020 habe ich bei „Listenrecords“ meine erste Single released: „Lioness“. Mittlerweile habe ich auch meine erste EP „Layers“ rausgebracht und jetzt grade schreibe ich an meinem Album. Seit 2020 bin ich also ganz offiziell in die Musikindustrie eingetreten.
Es war also auch nicht von jetzt auf gleich, sondern ein Prozess.
Wie würdest du deine Musik beschreiben?
Also da das Klavier meine Basis ist, ist das ein konstantes Element in meinen Songs. Ich arbeite viel mit Synthesizern, vielen Flächen und mit Mehrstimmigkeit. Ich liebe es mehrstimmige Vocals aufzunehmen, wobei ich da manchmal auch ein bisschen auf die Bremse treten muss, damit nicht in jedem Song 1000 Chöre sind (lacht).
Außerdem nutze ich gerne minimalistische Drums und oft melancholische, dunkle Harmonien.
Was war dein schönster Moment in deiner bisherigen Musikkarriere?
Es gab so viele…kann ich mehrere nennen? (lacht)
Okay, dann sagen wir zwei (lacht)
Also ein schöner Moment war vor ein paar Jahren, als ich mit den Wuppertaler Bühnen zusammengearbeitet habe. Das lief im Rahmen eines Projekts „Sound of the City“, dass die klassische Szene (Orchestermusiker, Opernchor) und die freie Szene zusammengebracht hat.
Ich habe mit einem Streichquartett zusammengearbeitet und Partituren arrangiert und wir haben ein Konzert zusammen gestaltet. Genauso mit dem Wuppertaler Opernchor, für den ich dann mit etwas Unterstützung Partituren geschrieben habe. Das war wirklich ein schöner Moment, weil ich die Möglichkeit hatte mit einem professionellen Chor zusammenzuarbeiten und ich konnte andere, das was ich im Kopf hatte, spielen/singen lassen. Das hatte eine unglaubliche power.
Ein anderer Moment war letztes Jahr, als ich von „TV Noir“ gefragt wurde, ob ich in Berlin ein Konzert spielen möchte. Es war noch zur Zeit des Streamings, also ein Live-streaming Konzert. Das war eine sehr große Ehre da mitzumachen und es war ein sehr schönes Konzert. Wir haben am Ende auch eine Live Version meiner EP von dem Konzert rausgebracht.
Wie hast du es geschafft, trotz einer weltweiten Pandemie weiterzumachen? Besonders im Jahr 2020 und 2021 ist deine Karriere ja sehr nach vorne gegangen.
Also es war schon komisch am Anfang, weil alles auf einmal abgesagt wurde und man war kurzzeitig in einem Loch und hatte mehr Zeit. Ich habe versucht mich damit abzufinden, als ich gemerkt habe, dass es wohl noch ein bisschen so bleibt. Dann habe ich meine Routinen überdacht und geschaut, wie ich meine Prioritäten setze, um dann erst recht Gas zu geben. Ich habe viel an meiner Musik gearbeitet. Zeitgleich habe ich angefangen mit „Listenrecords“ zu arbeiten und hatte somit ein Ziel vor Augen. Ich habe auch mit vielen Leuten zusammengearbeitet, die dann natürlich auch mehr Zeit hatten. Also dafür, dass ich meine Musik in einer Zeit released habe, die so ungewiss und seltsam ist, hat es, finde ich, sehr gut geklappt.
Hast du dieses Jahr denn Konzerte geplant?
Ja ich spiele im März dieses Jahr meine erste Tour mit Joy Bogat, einer Labelkollegin. Ich freue mich sehr drauf, da bis kurz vor der Tour natürlich nicht ganz klar war, ob alle so klappt wie wir uns das vorgestellt haben.
Und im Mai werde ich auch Alin Coen bei ein paar Konzerten supporten.

Aktuelle Konzerttermine findet ihr auf ihrer Website.
Wir haben es ja vorhin schon kurz angesprochen. Möchtest du aber noch etwas ergänzen zu dem Thema: Wann und wie bist du auf die Idee gekommen bist, dich selbst zu produzieren?
Ja was ich noch anmerken kann ist, dass es mir wichtig war selbstständig ausdrücken zu können, was ich in meinem Kopf höre. Über Musik zu sprechen und sie zu beschreiben ist nicht immer leicht und sehr subjektiv. Das war auch mein Ansporn es zu lernen und nicht immer „über eine Schulter zu gucken zu müssen“. Es kann auch sehr lehrreich und inspirierend sein, mit jemanden zusammenzuarbeiten, aber es kann auch länger dauern.
Gibt es Hürden für dich in der Eigenproduktion, über die du vielleicht schon mal gestolpert bist?
Bei Thema Drums fällt mir nicht immer sofort etwas ein, da lasse ich mich gerne inspirieren. Also eher eine kreative, als eine technische Hürde.
Sagen wir, du möchtest einen neuen Song produzieren, womit fängst du an?
Meistens fange ich mit dem Klavier an. Ich habe eine Melodie, oder manchmal auch einen ganzen Song im Kopf. Das sind dann die richtigen Glücksmomente, wenn ich irgendwas anderes mache und dann fällt mir ein Song ein. Ich versuche den dann ganz schnell in mein Handy zu summen um die Idee festzuhalten.
Aber meistens ist es das Klavier. Also ich habe eine Idee von Akkorden und baue dann darauf, ohne Lyrics, eine Gesangsmelodie auf. Ich nehme das, wenn ich kann, direkt auf und schreibe dann, während ich produziere, den Song zu Ende.
Produzierst du deine Songs zu Hause oder in einem Studio?
Ich produziere zu Hause. Die Hürden sind ja heute nicht mehr so groß, man kann ja fast alles
Selbstständig von zu Hause aus machen, ohne viel Geld für ein Studio investieren zu müssen. Es ist also eine Bedroom-Production. Das hat natürlich seine Vor- und Nachteile. Man hat alles da, aber die Arbeit und der private Bereich sind immer verbunden. Oder wenn man Vocals aufnehmen möchte und der Nachbar ist in dem Moment laut, ist das auch ein Problem (lacht). Wenn ich mehr bräuchte, würde ich ins Studio gehen.
Übernimmst du das Mixen und Mastern selber, oder gibst du das ab?
Ich gebe das ab. Also bei meiner EP habe ich es an zwei Leute abgegeben. Ich habe aber schon den Anspruch an mich, in der nächste Zeit zumindest das Mixing zu lernen und mich auch dort weiter zu entwickeln.
Viele, die sich schon mal an der Eigenproduktion versucht haben, kennen vielleicht das Phänomen, dass es schwer ist den Absprung zu finden. Also die Produktion wirklich abzuschließen. Man kann ja immer noch etwas „verbessern“. Kennst du das Phänomen und hast du einen Tipp, wie man da rauskommt?
Ich kenne es sehr sehr gut. Ich habe ein paar Songs, an denen habe ich über ein, zwei Jahre gearbeitet. Man entwickelt sich ja immer weiter, so auch der eigene Geschmack. Das heißt der Song entwickelt sich auch weiter und irgendwann muss man dann an den Punkt kommen, wo man sagt: der Song ist gut so wie er ist und es reicht. Sonst werde ich immer etwas zu bemängeln haben. Ich empfinde es als hilfreich mir eine Frist zu setzen. Ich habe zum Beispiel ein Konzert und ich will Song-X bei diesem Konzert spielen. Hat mich keiner drum gebeten, interessiert auch niemanden (lacht), aber es ist mein Ziel.
Gibt es an dieser Stelle noch etwas, über das wir noch nicht gesprochen haben, was die Leser*innen aber noch über dich wissen sollten? Oder was dir am Herzen liegt?
Ja ich würde den weiblichen Leserinnen gerne noch mitgeben, keine Angst zu haben, vor der Produktion, beziehungsweise sich ihr nicht zu verschließen. Ich glaube es kann sehr einschüchternd sein. Ich habe dieselbe Erfahrung gemacht, als ich angefangen habe aufzulegen. Es ist immer noch ein sehr männlich konnotierter Beruf, so wie bei der Produktion auch, obwohl es besser wird. Obwohl ich das Gefühl habe, dass es besser wird und es mehr Frauen in diesen Bereichen gibt. Aber es kann einschüchternd sein am Anfang, weil es sehr technisch ist und es eine Männerdomäne ist und viele denken, es ist zu teuer oder zu kompliziert. Aber es ist alles einfacher, als man denkt und man lernt am besten durch ausprobieren. Und es ist vollkommen okay, Dinge nicht zu verstehen und nicht auf Anhieb hinzukriegen. Aber wenn man dranbleibt, verbessert man sich auch mit der Zeit.
Vielen Dank für die schönen und inspirierenden Worte zum Abschluss!
Maria spielt bald wieder Konzerte, sichert euch gerne noch Tickets und folgt ihr auf Instagram 😉

